Wiederaufnahme

Schwanensee

Zusammenfassung

Ballett in zwei Akten\Musik von _Peter I. Tschaikowsky_
Ballett in zwei Akten
Musik von Peter I. Tschaikowsky
Ballett in zwei Akten
Musik von Peter I. Tschaikowsky
Ballett in zwei Akten
Musik von Peter I. Tschaikowsky
Ballett in zwei Akten
Musik von Peter I. Tschaikowsky
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Musik von Peter I. Tschaikowsky
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Musik von Peter I. Tschaikowsky
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Musik von Peter I. Tschaikowsky
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Musik von Peter I. Tschaikowsky
Ballett in zwei Akten
Musik von Peter I. Tschaikowsky
Ballett in zwei Akten
Musik von Peter I. Tschaikowsky
Ballett in zwei Akten
Musik von Peter I. Tschaikowsky

Mit den Mitteln des klassischen Tanzes erzählt Schwanensee die Geschichte von Prinz Siegfried und seiner Liebe zu der verzauberten Prinzessin Odette, die in Schwanengestalt gefangen ist. Bald Schwan bald Mensch ist es ihre Bestimmung, Gegenstand der Phantasien des unglücklichen Prinzen zu sein. In der Interpretation von Patrice Bart ist es Siegfrieds Mutter, die ihren Sohn abgöttisch liebt und alle Fäden seines Schicksals in der Hand hält. Ohne Skrupel manipuliert sie seinen Freund Benno und benutzt Premierminister Rotbart als Erfüllungsgehilfen. In Anlehnung an die Epoche der Romanows im russischen Zarenreich macht sich in dieser Inszenierung eine beklemmende Untergangsstimmung breit, die von der unguten Mischung aus emotionaler Kälte und Dekadenz geprägt ist. Zuflucht findet der junge Prinz in der Begegnung mit den Schwänen.

Die faszinierende Wirkung der mächtigen Vögel kommt in den groß angelegten Schwanenbildern des Balletts zum Ausdruck, die choreographisch von den archaischen Flugformationen und ihrer natürlichen, zugleich unwirklichen Schönheit inspiriert sind. Mit den Tutus der Tänzerinnen, die das weiße Federkleid der Tiere nachempfinden, sind diese imposanten Szenen zum Inbegriff des klassischen Balletts geworden.

Zum Mythos geworden ist Schwanensee aber auch wegen der Musik von Peter I. Tschaikowsky, der den gegensätzlichen Stimmungen ihren unverwechselbaren Klang verleiht: Sei es die Sehnsucht, die Prinz Siegfried und Odette zueinander finden lässt, oder der trügerische Glanz der Ballszenen, in denen der ganze Hofstaat wie im Rausch der verführerischen Odile verfällt, die als Doppelgängerin Odettes den Prinzen zu dem tragischen Schwur verleitet, mit dem er seine aufrichtige Liebe verrät. 

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Termine

2024
2024
2025
2025




 
Info

Staatsoper Unter den Linden
18.00 Uhr
2 h 50 min inkl. einer Pause
54,50 – 132,00
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Staatsoper Unter den Linden
19.30 Uhr
2 h 50 min inkl. einer Pause
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Staatsoper Unter den Linden
19.30 Uhr
2 h 50 min inkl. einer Pause
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Staatsoper Unter den Linden
19.30 Uhr
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Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Staatsoper Unter den Linden
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Staatsoper Unter den Linden
19.30 Uhr
2 h 50 min inkl. einer Pause
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Staatsoper Unter den Linden
19.30 Uhr
2 h 50 min inkl. einer Pause
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
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19.30 Uhr
2 h 50 min inkl. einer Pause
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Staatsoper Unter den Linden
18.00 Uhr
2 h 50 min inkl. einer Pause
Einführung zum Stück jeweils 45 Minuten vor der Veranstaltung
Familienvorstellung

17.30 Uhr

5

Familienworkshop

Als Vorbereitung auf den Vorstellungsbesuch werden die Handlung erzählt, wichtige Rollen vorgestellt und kurze Tanzszenen einstudiert. Nur in Verbindung mit dem Besuch der Familienvorstellung buchbar.

 
Anmeldung erforderlich

Telefon: 030 34 384-166
E-Mail: contact@tanz-ist-klasse.de

Familienvorstellung

16.00 Uhr

5

Familienworkshop

Als Vorbereitung auf den Vorstellungsbesuch werden die Handlung erzählt, wichtige Rollen vorgestellt und kurze Tanzszenen einstudiert. Nur in Verbindung mit dem Besuch der Familienvorstellung buchbar.

 
Anmeldung erforderlich

Telefon: 030 34 384-166
E-Mail: contact@tanz-ist-klasse.de

Handlung

Erster Akt

1. Szene – Am Ufer des Sees

Prinz Siegfried wächst unter der sicheren Obhut seiner Mutter, der jungen, verwitweten Königin des Landes, auf.

2. Szene – Auf der Palastterrasse

Man feiert den 21. Geburtstag des Prinzen Siegfried. Er selbst möchte sich mit Erreichen seiner Volljährigkeit aus der Übermacht seiner Mutter befreien. Auch Benno von Sommerstein, bester Freund des Prinzen, erwartet mit Spannung diese Zeit, gehen seine Gefühle für den Prinzen doch über die vertrauliche Verbundenheit zwischen engen Freunden hinaus.

Mitten in der fröhlichen Feier erscheint die Mutter in Begleitung ihres Premierministers von Rotbart. Sie überreicht Prinz Siegfried als Geschenk ein Gewehr und verleiht ihm aus Anlass der Volljährigkeit eine Auszeichnung.

Nachdem die Königin das Fest beendet hat, ruft Benno von Sommerstein voller Enthusiasmus zur Jagd auf. Prinz Siegfried bleibt in melancholischer Stimmung auf der Terrasse zurück. Das Fest hat ihm erneut vor Augen geführt, dass er fremdbestimmt wird. Der Prinz sehnt sich nach Selbstverwirklichung und Eigenständigkeit. 


3. Szene – Am Ufer des Sees

Benno von Sommerstein bringt dem Prinzen das Gewehr nach, das dieser scheinbar vergessen hat. Prinz Siegfried möchte jedoch alleine sein und bittet Benno, ohne ihn zu jagen. Dieser zieht sich zurück, lässt den Prinzen jedoch nicht unbeobachtet. 

Da begegnet Siegfried die Schwanenprinzessin Odette, die ihm von dem bösen Zauber erzählt, der sie in der Schwanengestalt gefangen hält. Für den Prinzen verkörpert sie eine andere Welt, das Paradies schlechthin. Er spürt, dass nur sie diejenige sein kann, die ihn von der engen Beziehung zu seiner Mutter zu befreien vermag. Er schwört ihr ewige Treue, durch die allein Odette auch von ihrem Zauber befreit werden kann. Endlich kann Prinz Siegfried selbst Verantwortung übernehmen. In melancholischer Stimmung überlässt sich Prinz Siegfried seinen Gefühlen und seinem Sehnen.

Zweiter Akt

Benno von Sommerstein, der Zeuge der Begegnung zwischen Prinz Siegfried und der Schwanenprinzessin Odette war, hat in seiner Eifersucht der Königin von den Ereignissen am See berichtet. Zutiefst beunruhigt, ihren Sohn zu verlieren, sinnt die Mutter auf eine schnelle und wirksame Lösung, Siegfried von Odette abzubringen. Sie spinnt eine Intrige, weiht den Premierminister in ihre Pläne ein und lädt zu einem Ball. Neben Prinzessinnen aus verschiedenen Ländern, die als Braut für ihren Sohn in Frage kommen, steht auch Odile auf der Gästeliste, die Tochter des Premierministers. 

4. Szene – Im Ballsaal

Kurz bevor der Ball beginnt, hält die Königin vor dem unvollendeten Portrait ihres Sohnes inne und überlässt sich ihren Gedanken über das, was sie Prinz Siegfried antun wird.

5. Szene – Im Ballsaal

Das höfische Zeremoniell nimmt seinen Lauf, und die Königin eröffnet mit dem Premierminster den Ball mit einem Tanz, der nicht zuletzt die Eifersucht des Prinzen erwecken soll. Nach dem Tanz werden dem Prinzen die Prinzessinnen der einzelnen Länder vorgestellt. Trotz aller Verführungsversuche bleibt Siegfried unbeeindruckt, bis die Reihe an Odile kommt. In ihr glaubt er die Schwanenprinzessin Odette zu erkennen. Die Königin und von Rotbart drängen ihn, dem Trugbild ewige Treue zu schwören. Da erscheint die Gestalt des weißen Schwanes, und der Prinz erkennt seinen tragischen Irrtum, dem schwarzen Schwan Treue geschworen zu haben. Zutiefst gedemütigt und öffentlich blamiert folgt Siegfried seiner wahren Liebe, Odette, zum See.

6. Szene – Am See

Die Schwäne warten auf die Rückkehr ihrer Gefährtin Odette. Diese berichtet ihnen, was sich zugetragen hat. Der böse Zauber konnte nicht gebrochen werden. Prinz Siegfried erreicht den See und bittet Odette um Vergebung. Am Ufer erscheint ebenfalls der Premierminister von Rotbart. Siegfried erkennt, dass jener den bösen Zauber über Odette am Leben hält, dass jener als Erfüllungsgehilfe seiner Mutter doch nur eigennützig gehandelt hat. Es kommt zum Kampf, in dem Siegfried den Premierminister tötet. Er wird sich der Ausweglosigkeit seiner Situation bewusst. Durch sein Fehlverhalten hat er seine wahre Liebe verloren und ist zum Mörder geworden. Als Lösung bleibt ihm einzig der Tod im See. Die Königin bleibt allein zurück.

Tanz der Schwäne

Der Schwanenmythos und der Mythos Schwanensee

«Ich hörte die süße Stimme der Schwäne an der Grenze zwischen Tag und Nacht, hoch oben rauschten kraftvolle Schwingen im Flug. Sofort stand ich still und bewegte mich nicht. Ich schaute hinauf, um zu sehen, wer den Anfang machte – die Glückskönigin, der weiße Schwan... .»

So heißt es in einem schottisch-gälischen Manuskript, Das Omen der Schwäne, aus dem 13. Jahrhundert, aber die Faszination, die der Schwan auf den Menschen ausübt, ist so alt wie die Menschheit selbst: Er ist in den Mythen der unterschiedlichsten Kulturkreise beheimatet und hat dennoch stets ähnliche symbolische Bedeutungen. Die archaische Ur-Wahrheit, die mit ihm verbunden zu sein scheint, kommt immer wieder zum Ausdruck, unabhängig davon, ob ein Märchen der Brüder Grimm oder ein indischer Mythos von ihm erzählen.


Aus der eigenen Erfahrung mit dem Schwan, wie er uns auf Teichen und Flüssen, in Parkanlagen und seltener noch in der freien Natur begegnet, wissen wir, dass die Bewunderung für seine ungewöhnliche Schönheit und Anmut immer auch verbunden ist mit großem Respekt vor seiner Imposanz und den mächtigen Flügeln, die bis zu 2,40 Meter Spannweite erreichen können. Die eifrige Sorge um Küken und Revier lässt ihn bisweilen seine ganze Kraft entfalten, wenn es diese zu verteidigen gilt. In unseren Breitengraden leben von insgesamt neun auf der Erde vorkommenden Schwanenarten der Höckerschwan, der Zwerg- und der Singschwan. Größer als der Höckerschwan ist nur der Trompeterschwan Nordamerikas, der Schwarze Schwan kommt wild nur in Australien vor.

Der Höckerschwan ist gekennzeichnet durch seinen gewölbten Schnabelansatz, vor allem aber durch die besondere Art, seinen Hals zu tragen, dessen Linie wie ornamental immer neu geformt wird, auch um mit Hilfe dieser Körpersprache mit seinen Artgenossen zu kommunizieren. Der Singschwan, etwas kleiner und mit zumeist aufrechtem, aber ebenso langem Hals, hat die Gabe, solche Rufe von sich zu geben, die sich vor allem aus der Ferne wie Gesang anhören. Das davon inspirierte geflügelte Wort des ›Schwanengesangs‹ bezieht sich auf die Klagelaute von jenen Tieren, die vor Hunger kraftlos langsam im Eis einfrieren und den sicheren Tod zu erwarten haben, wie dies in der Natur wirklich der Fall sein kann. Bereits in der Antike – in Aesops Fabeln, bei Aischylos oder in Platons Dialog über die Unsterblichkeit der Seele – interpretierte man in dieses Verhalten eine Märtyrerhaltung hinein oder die «Freude» der Schwäne darüber, «dass sie nun im Begriff sind, zu dem Gott zu gelangen, dessen Diener sie sind.»

Durch sein blendendweißes Gefieder – in den Fasern seiner Federn ist Luft eingeschlossen, die das Licht reflektiert – ist der Schwan immer auch das Symbol der Reinheit und Unschuld gewesen; das ist der Grund, weshalb Zeus sich in Schwanengestalt der arglosen Leda näherte, um sie zu verführen. Allein durch diese natürlichen Eigenschaften, den Gesang und sein Weiß, ist der Schwan als ein Wesen empfunden worden, das nicht von dieser Welt ist. In der griechischen Mythologie ist er als Begleiter des Gottes Apollon dargestellt, in der religiösen Bilderwelt der Hindus dem Gott Brahma beigegeben. Durch diesen besonderen Bezug zu den Gottheiten mag er sich auch als Weisheits- und Weissagungssymbol erwiesen haben. Im Ägypten des Altertums war er ein Gefährte auf der Reise ins Totenreich, ebenso nahm man in nordischen Kulturkreisen an, dass die Schwäne mit ihrer Wanderung gen Norden im Sommer in die ›andere Welt‹ aufbrachen, in die sie die Seelen der Toten mitnahmen.

Allein diese allerwichtigsten Bedeutungen des Schwans in der Mythologie sind nur die Spitze des Eisbergs, aber der Facettenreichtum seiner Ausstrahlung wird besonders deutlich in der Märchen- und Sagentradition entfaltet, in die seine symbolische und mythologische Mitgift einfließt. In der für Märchen typischen volkstümlichen Erzählweise wird all das lebendig, was sich aus der kulturellen und zeitlichen Distanz von Jahrtausenden für uns nur noch schwer nachvollziehen lässt und was mit den abstrakten Mitteln einer präzisen Wortsprache nicht mitteilbar ist.

Der Schwan steht im Märchen zumeist im Zusammenhang mit der Verwandlung: Immer wieder ist er die Gestalt, in die beispielsweise ungeliebte Stiefkinder verzaubert werden, das Schwanenküken als Das hässliche Entlein ist selbst Stiefkind, so wie es Hans Christian Andersen in seinem Märchen erzählt.

Das wohl häufigste Motiv ist das der Jungfrauen, die als verzauberte Schwäne leben müssen, und für jeweils nur kurze Zeit das Federkleid ablegen, um sich in menschliche Gestalten zurückzuverwandeln. In der Trennung von der Schwanenmaske, die Schutz und Verhängnis zugleich ist, sind sie ungeschützt den Handlungsweisen der neugierigen und besitzergreifenden Menschen ausgeliefert; als schicksalhaft erweist sich hierbei der Raub des Federkleides, ohne das die Jungfrauen nicht in die Welt der Schwäne zurückkehren können.

Der Schwan tritt also immer dann in Erscheinung, wenn Übergänge veranschaulicht werden sollen, die zwischen dem Diesseits und dem Jenseits, zwischen dieser Welt und der ‹anderen Welt› bestehen. Er ist verbunden mit jenen Prozessen, die nur wortreich beschrieben und doch nicht benannt werden können, die sich dem gestaltlosen Dazwischen des ‹Nicht-mehr› und dem ‹Noch-nicht› befinden.

In der Bilderwelt der Alchemie findet sich der Schwan als das Symbol der Einheit der Gegensätze und für das flüchtige Prinzip. Der ‹Schwanengesang› ist das Ritual eines solchen Übergehens, die Schwanenmädchen befinden sich zeitlebens in jenem fortwährenden Wandel, der sie als Schwäne bannt, ihnen die Möglichkeit der Menschwerdung in Aussicht stellt, die aber nur durch die Macht wahrhaftiger menschlicher Liebe verwirklicht werden kann. Das Leben der Schwan-Mensch-Wesen ist ein einziger fortwährender Übergang.

Dieses Motiv erscheint immer wieder in verschiedensten Märchen, und bildet auch die Grundlage für das Libretto des Ballettklassikers Schwanensee. In ganz besonderer Weise verbindet sich gerade dieses Werk mit der Vorstellung davon, was Ballett überhaupt sei, und es scheint, als liege dies nicht zuletzt auch begründet in der Verschmelzung des klassischen Tanzes mit dem Motiv der Schwäne und ihrer symbolischen Bedeutung, denen Lew Iwanow seinerzeit die weißen Akte, die Schwanenbilder, gewidmet hat.

In seiner Choreographie scheint etwas zu wirken, das das ‹Geheimnis› des Schwans erfahrbar macht, ohne es beim Namen zu nennen. Denn zum einen wird der Reichtum der klassisch-formalen Ballettästhetik als ein Höhepunkt einer Epoche entfaltet, zum anderen werden bereits neue Gestaltungsansätze mit realistischem Anliegen vorweggenommen –  indem seine Tänzerinnen tatsächlich Bewegungen ausführen, die an das Schwanenverhalten in der Natur erinnern wie Andeutungen von Gefiederputzen oder Flügelschlagen. Zunächst einmal ist in der Choreographie Iwanows über die Dauer der weißen Bilder hinweg die Schwanenprinzessin zu sehen als das, was sie ist, nämlich als Schwan und Frau zugleich. An keiner Stelle ist ein deutlicher Bruch zu verspüren, nach dem Odette das eine endlich ist oder das andere nicht mehr sein muss, was für das Corps de ballet gleichermaßen gilt.

Der choreographische Stil des klassischen Balletts, nämlich sehr klare und wirkungsvolle Linien zu schaffen, mutet an wie eine Reminiszenz an die Flugformationen der Schwäne. Diese Muster sind auf der Bühne symmetrisch und geometrisch zwar abstrahiert, tragen gerade dadurch aber Ritualcharakter in die weißen Bilder hinein. Die eleganten und schlichten Linien der Tänzerinnen sind so ornamental wie die fast unnatürlich klar wirkenden Konturen des Schwans.

Tatsächlich aber ist im choreographischen Stil des klassischen Tanzes, im Stil, wie ihn Iwanow im klassizistisch-zaristischen Russland maßgeblich mit zu vollster Blüte brachte, keine symbolische oder eindeutig dechiffrierbare Konvention wirksam. Der Stil selbst wird zu ‹Theater› im Sinne einer Darstellung von etwas, was an sich gar nicht darstellbar ist, wenn die einzigartige Fähigkeit des Theaters, Wahrheiten zu zeigen, ohne die Hilfe kausal-logischer Sprache, durchwaltet besonders diese Schwanenbilder. Was in ihnen – im engen, sinfonisch gedachten Zusammenspiel mit Tschaikowskys Musik – für die Dauer eines Theaterabends zum sinnlichen Erlebnis wird, ist die tänzerische Ausgestaltung jener unbewussten Idee, die den Menschen bewegt und immer bewegt hat, wenn ihm Schwäne begegnen.

In den weißen Bildern von Schwanensee hat Iwanow jene Facetten als transitive Bilder, als Form im Werden, im Übergang gezeichnet, die nur so und nicht anders und nur als Tanz mit genau dieser ästhetischen Qualität zum Ausdruck gebracht werden können: die «Weisen des In-der-Welt-Seins» des Schwans und seines Mythos.

Text: Annegret Gertz